04.10.2012

Romney for president!

Es wäre wunderschön, wenn Mitt Romney die Präsidentschaftswahlen in den USA gewinnen würde. Offenbar haben es die Amerikaner doch nicht verdient und sie werden trotz allem - auch trotz des gestrigen Sieges Romneys in der ersten Fernsehdebatte - mehrheitlich für Barack Obama stimmen. Zum Glück verkraftet die Demokratie oft die groben Fehler der Wähler.

Man muss sich aber fragen, wie lange noch die westliche Welt ein überschuldetes Amerika verkraften kann. Es reicht aus, dass die (West)Europäer ihren Karren für mehrere Jahre (wenn es gut geht) in Dreck gefahren haben. Vor dem Hintergrund dieses Versagens des Eurolandes ist ein Präsident, der die ohnehin horrenden Schulden der USA in den kommenden Jahren weiterhin erhöhen will, ein Unglück. Ganz zu schweigen davon, dass er ein Produkt seiner Zeit zu sein scheint, ein kulterelles Erzeugnis des Wohlstandsnihilismus.

02.10.2012

Nach der Parlamentswahl ist Lukaschenka international isoliert und politisch geschwächt


Es gibt zwei Missverständnisse über das von Aljaksandr Lukaschenka regierte Land. Zum einen wird es in Deutschland „Weißrussland“ genannt, obwohl es nicht einen Teil von Russland, sondern von Rus‘ darstellt. Rus‘ wiederum bildet einen Raum, der neben Russland die Ukraine und eben – so der richtige Name – Belarus umfasst (dazu mehr in einem früheren Eintrag hier - über die Kulturtasche der deutschen Politik). Zum anderen wird Lukaschenka als der „letzte Diktator Europas“ apostrophiert, als wären Wladimir Putin in Russland oder Wiktor Janukowytsch in der Ukraine, die auch politische Opposition verabscheuen, lupenreine Demokraten.

Was unser Auswärtige Amt mit der flegelhaften Übersetzung des Landesnamens sprachlich vorgibt, das versucht der Kreml in Realität umzusetzen: Putin will aus Belarus tatsächlich „Weißrussland“ machen, d.h. eine Republik der Russländischen Föderation. Zu Beginn wünscht er sich den russischen Rubel und eine Privatisierung, an der sich russische Oligarchen beteiligen dürfen, im westlichen Nachbarland. Lukaschenka, der dort die Kontrolle über die gesamte (Staats)Wirtschaft ausübt, ist zwar auf russische Kredite angewiesen, aber nicht um den Preis der Selbstentmachtung. Indem er sich gegen die Forderungen Putins stemmt, verteidigt er, ein Sowjetmensch ohne nationale Gefühle für Belarus, paradoxerweise die belarussische Unabhängigkeit.

Die Europäische Union will diese Unabhängigkeit vor Russland schützen. Vor einigen Jahren hatte sie sogar Lukaschenka für Demokratisierungsreformen mit Krediten unterstützt. Dabei hatte sie den Fehler begangen, dies im Voraus zu tun. Lukaschenka hatte das Geld genommen und gleich darauf politische Schraube wieder zugedreht. Da er seitdem die Klugheit der westeuropäischen Politiker nicht allzu hoch einschätzt, wollte er im Vorfeld der Parlamentswahlen am letzten Sonntag wieder das Spiel mit ihnen aufnehmen. Er ließ die meisten politischen Gefangenen frei und zeigte sich in Verhandlungen mit der EU konziliant.

Doch die EU hat ihre Lektion gut gelernt. Sie forderte nun, dass der belarussischen Opposition tatsächlich Möglichkeiten freier politischer Betätigung eingeräumt werden sollen. Ausgerechnet auf diesem Feld hatte der Präsident es nicht vor, die Europäer zufriedenzustellen. Mit Repression brachte er den Großteil seiner zerstrittenen politischen Gegner dazu, die Wahlen zum Obersten Sowjet zu boykottieren. Nach dem Wahlakt ließ er die gefälschten Wahlergebnisse wieder von der gleichen nach einer sowjetischen Universtitätsdozentin aussehenden Frau bekanntgeben, die seit Jahren die Vorsitzende der staatlichen Wahlausschüsse mimt. Wie gewöhnt holte er sich zudem die „russischen Beobachter“ ins Land, darunter auch im eigenen Land erfahrene Wahlfälscher, die seit Sonntag den „demokratischen Charakter der Wahlen“ loben. Von einem polnischen Journalisten gefragt, wie hoch denn die Wahlbeteiligung tatsächlich war (unabhängige Beobachter gehen von knapp 40% aus, während das Wahlgesetz 50% vorschreibt), empfahl der Präsident öffentlich, Polen solle sich in Sachen freier Wahlen Belarus zum Vorbild nehmen.

Aber nur scheinbar ändert sich in „Weißrussland“ nichts. Denn das diesmal außergewöhnlich große Ausmaß der Wahlfälschung und die Wirtschaftskrise sprechen dafür, dass in der Bevölkerung die früher hohe Unterstützung für Lukaschenka bröckelt.

Dieser Artikel ist in einer leicht geänderten Fassung in der "Mittelbayerische Zeitung" vom 28.09.2012 erschienen.