21.12.2024

Trumpisten und Merkelisten

 Roderich Kiesewetter im Interview mit "DER SPIEGEL" (Nr. 51 vom 14.12.2024) spricht Tacheles:

"In der Union gibt es zwei Denkschulen. Die eine tritt für die Westbindung der Ukraine ein und sieht den NATO-Beitritt als die beste Sicherheitsgarantie für die Ukraine. Wir haben aber auch, ähnlich wie in der SPD, eine Gruppierung, die ganz nahe an Moskau ist und eine wieder engere Wirtschaftskooperation anstrebt".

Kiesewetter spricht erstaunlich offen über die Merkelisten in der CDU. Diese sind in Russland-Fragen ganz anders beschaffen als die Trumpisten in den USA. Denn die Letztgenannten streben keinerlei enge Wirtschaftsbeziehungen mit Putin an. Überhaupt sind die Trumpisten im Gegensatz zu der besagten "Gruppierung" in der CDU in strategischen Fragen nicht auf Russland aus. 

Das Lustige an den Merkelisten ist, dass sie trotzdem die Trumpisten als enger an Russland gebunden denn sich selbst betrachten. Ebenso lustig ist, dass sie sich selbst als gebildeter und klüger denn die Trumpisten sehen, obwohl ihre Weltwahrnehmung, von sonstigen intellektuellen Qualitäten ganz zu schweigen, die Wirklichkeit ähnlich verfehlt wie die Kulturtasche die Kultur. Ruprecht Polenz etwa, ein überzeugter Merkelist, gibt sich heute sowohl als Putin- als auch als Trump-Gegner aus. Dies geschieht, obwohl er und seinesgleichen Merkels Politik gegenüber Russland immer bedenkenlos unterstützten. 

In ihrer intellektuellen Beschränktheit und chauvinistischer Unaufrichtigkeit glauben diese Leute, deutsche merkantile Interessen gegen die Weltordnung, in der sich Russland gegen demokratische Staaten unmissverständlich positioniert, durchsetzen zu können. Mit anderen Worten: Sie leiden an der Krankheit einer jungen, unreifen Nation, die Größenwahn heißt.

Sie kaufen das skurril - nämlich "Freiheit" - betitelte skurrile Buch von Angela Merkel (die Frau hat doch niemals unter Beweis gestellt, dass ihr Freiheit wichtig ist, und sie zeigt in ihrem Buch ein erstaunlich schlichtes Weltbild) und sehnen sich nach ihr. Wie Millionen andere Deutsche, auch von außerhalb des CDU-Lagers, deren "Weltanschauung" zusammenbricht, sind sie wie jeder gefährlich, der sich selbst für wichtiger als die Welt draußen sieht.