23.01.2013

Erfolg oder Sumpf? Polen-Reihe 4: Über die Eliten des Eigennutzes


Gemäß den Ergebnissen der empirischen Elitenforschung ist das Ausmaß des Elitenwechsels in Polen jenem in Ungarn oder den neuen Bundesländern ähnlich und somit viel größer als etwa in Russland oder der Ukraine. Es darf aber nicht vergessen werden, dass Polen doch das einzige kommunistisch regierte Land gewesen war, in dem sich eine politische Gegeneile herausgebildet hatte. In den „Bürgerkomitees der Solidarność“ im Jahre 1989 waren noch ca. 100 000 Menschen ehrenamtlich aktiv! Offenbar fand daraufhin eine große Verschwendung des so genannten Humankapitals statt.
So lassen beträchtliche Segmente der politischen und Verwaltungseilten immer noch viel zu wünschen übrig, besonders wenn es um ihre Kompetenz geht. Die umgewandelten Nomenklaturisten zeigen sich wiederum als loyal gegenüber der Demokratie. Dies hat aber wahrscheinlich wenig mit ihrer Gesinnung zu tun. In der polnischen Kartelldemokratie geht es ihnen einfach sehr gut.

Schon bei der langen polnischen Verfassungsgebung war die der politischen Klasse innewohnende Tendenz unübersehbar, das Gemeinwohl dem Partikularinteresse zu opfern. Die überlang geratene Verfassung von 1997 hat nichts vom beflügelnden Dokument der ersten parlamentarischen Konstitution der Welt, die am 3. Mai 1791 im Warschauer Königsschloss verabschiedet wurde. Auch sie trägt dazu bei, dass bis heute de facto nicht geklärt ist, welche außenpolitische Rolle der Staatspräsident zu spielen hat. Die Ungewissheit darüber kann ab und zu schon im öffentlich geführten Streit darüber eskalieren, ob er für seine Auslandsbesuche das Regierungsflugzeug benutzen darf (das übrigens noch in der Sowjetunion gebaut wurde). Derartige politische Auseinandersetzungen werden auf Kosten der allgemeinen Rechtskultur und des Rechtsempfindens geführt, die nicht nur durch die Parteijustiz der kommunistischen Zeit, sondern von den Besatzern Polens bereits im Zweiten Weltkrieg systematisch unterwandert wurden.

Fortsetzung folgt