02.09.2013

Die Bürger sind für die Langweile des deutschen Wahlkampfes verantwortlich

Die EU befindet sich in der Krise - das interessiert mittlerweile kaum jemand in Deutschland. In Syrien tobt ein Krieg, der mitten in Wohngebieten auch mit Giftgas Zivilisten tötet - trotzdem können die meisten deutschen Bürger ruhig schlafen, vorausgesetzt: Deutschland engagiere sich nicht. Vorgestern wurde tödliche Strahlung aus Fukushima gemeldet - und ausgerechnet in Deutschland reagierte darauf niemand, weil die deutsche Anti-Atomenergie-Hysterie mit der in vielerlei Hinsicht sonderbaren "Entscheidung über die Energiewende" offensichtlich ausgelebt wurde. Es gibt Wahlkampf in Deutschland - und erstaunliches Desinteresse darüber hierzulande, wo alle zu wissen scheinen, dass der Wahlausgang bekannt und ohnehin richtig sein wird.

Die vorherrschende narzistische politische Kultur der Spießer offensichtlich verinnerlicht, agierten Merkel und Steinbrück im gestrigen Fernsehduell wie gewöhnt langweilig. Dank dem Herausforderer gab es zwar Ansätze eines Streits (den die meisten Deutschen bekanntlich nicht mögen), doch dessen Themen betrafen beinahe ausschließlich die Einkommensängste (etwa die stets steigenden Energiepreise, die die besagte, vom Volk einhellig unterstützte Entscheidung verursachen musste). Ähnlich den Themen war auch das Niveau der TV-Auseinandersetzung dem durchschnittlichen Fernsehzuschauer angepasst, wofür insbesondere die Kanzlerin mit verdrossenen Phrasen ihrer Regierungspropaganda sorgte.

Das Duell war wie der Fernsehfilm "Tatort": langweilig, ohne Überraschung und Spontanität, wirklichkeitsfern und deshalb mit einer gehörigen Portion Verachtung gegenüber den Zuschauern versehen. Diese Zuschauer wollen es allerdings - wie den "Tatort" - so haben. Noch Schröder hat deshalb die deutsche Politik in die Ära der mediokren Populisten geführt. Was Putin, Lukaschenka, Tusk, Orban, Cameron, Obama, Berlusconi, Sarkozy u.a. praktizier(t)en, kann die deutsche Politik auch, aber eben auf die deutsche, "Tatort"-ähnliche Art und Weise. Nicht nur die Medien, deren oft aufgeblasenen Vertreter manchmal  gar nicht merken, was an politischer Auseinandersetzung lediglich vorgetäuscht wird, sind daran Schuld. Auch die Durchschnittsbürger, denen weder die Medien noch die Politiker aus nachvollziehbaren Gründen sagen, wofür sie sie halten, sind für diesen Zeitgeist der im Fett schwimmenden Belanglosigkeit verantwortlich.

Vielleicht kommt eines Tages eine echte Krise, d.h. eine solche, die dieses Land tatsächlich erschüttert und - wieder belebt. Bis jetzt macht Deutschland jedenfalls den Eindruck, dass es den Zerfall des Kommunismus immer noch nicht überwunden hat. Es zeigt sich ohne den äußeren Feind dazu unfähig, Wichtiges von Weniger Wichtigem zu unterscheiden und richtige Prioritäten zu setzen. Es wirkt politisch wie die meisten seiner Bürger.