23.01.2014

Nur ein fauler Komprimiss kann heute die Ukraine aus der Krise führen

In der ukrainischen Krise kann niemand gewinnen. Weder das kriminelle Regierungslager samt dem Präsidenten, noch die gespaltene und schwache politische Opposition, noch die friedlichen Majdan-Demonstranten, noch die radikalen Demonstranten, noch die Oligarchen, die hinter dem Majdan stehen, noch die Oligarchen, die hinter Janukowytsch stehen, noch Putin, der hinter Janukowytsch steht (und diesen zugleich erpresst), noch die Europäische Union, von der der falsche Eindruck entsteht, als würde sie Ukraine-Poltitk haben und überhaupt außenpolitisch handlungsfähig sein, noch die USA, die sich de facto für die Ukraine so viel interessieren wie der durchschnittliche Deutsche, noch die Ukraine selbst, deren gefährliche innere Spannungen durch diesen Konflikt noch verstärkt werden.

In dieser Krise könnten alle verlieren: die kriminellen Regierenden in der Ukraine könnten entmachtet, enteignet und ggf. gehängt werden, die Opposition könnte buchstäblich enthauptet werden, die Majdan-Demonstranten könnten erschlossen bzw. mit Schwergerät zerquetscht werden, die Oligarchen könnten ihr Vermögen und sogar ihre Freiheit verlieren, Putin hat schon 16 Milliarden Dollar verloren, die Europäische Union könnte einen friedlichen Nachbar, der - obwohl autoritär - relativ wenig innenpolitische Repression kennt, verlieren und im Osten des Kontinents ausschließlich mit Schurkenregimen grenzen, die USA könnten Sympathien der Ukrainer verlieren, wenn sie einem immer noch möglichen Abschlachten des Euro-Majdans zuschauten. Das Meiste könnte jedoch die Ukraine verlieren - sie könnte auseinanderfallen.

Alle könnten verlieren, weil alle schwach sind: das Regierungslager ist für einen beträchtlichen Teil der Bevölkerung auf ewig delegitimiert, die politische Opposition ist führungs- und programmlos sowie gespalten, auf dem Majdan sind die Bürgerlichsten des nicht allzu großen Milieus der ukrainischen Bürgerlichen versammelt, die Oligarchen sind zerstritten, Putin kann Janukowytsch ein Mal fehlende Haushaltsgelder geben, aber er ist außerstande, das Land Ukraine für sich zu gewinnen, Obama ist längst lame duck geworden (und die Ukraine war ihm immer gleichgültig), schließlich ist die Ukraine gespalten wie noch nie seit ihrer Unabhängigkeit.

Für diese Krise gibt es keine alle involvierten Akteure zufrieden stellende Lösung. Denn Janukowytsch und Putin haben mit ihrer antieuropäischen, auf Gewalt hinauslaufenden Politik dazu  geführt, dass die einzige Krisenlösung - ein Kompromiss - unmöglich geworden ist. Ohne eine Krisenlösung ist die Ukraine aber auf Jahre, auf Jahrzehnte verloren.

Es gibt vielleicht noch eine Chance. Denn man könnte einen Kompromiss inszenieren. Die Entlassung der Regierung könnte vielleicht die Gegner des Regimes besänftigen. Der Verbleib des Präsidenten Janukowytsch würde dem Osten des Landes gefallen. Auch andere faule Kompromisse sind denkbar. Nur sie könnten das Land retten.