05.10.2025

Berlin will die ukrainischen Kriegshelden, die Nordstream beschädigt haben, verhaften und bestrafen. Warschau hilft dabei

Nordstream ist das Lackmuspapier des Verhältnisses von Deutschland und Russland. Heute gilt diese Aussage nur für die strategische - d.h. geopolitische - Ebene, d.h für die Zeit nach dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Beide Pipelines - NS 1 und NS2 - waren immer direkt gegen die sicherheitspolitischen und ökonomischen Interessen der Ukraine, Polens, Estlands, Lettlands und Litauens gerichtet und zeugten so von der Fortsetzung der Bismarckschen Politik Berlins gegenüber dem Osten Europas, die mit dem Spruch "Russia first" prägnant zum Ausdruck gebracht werden kann. Es war zugleich eine antiwestliche Politik, weil Polen und die baltischen Staaten mit ihren sicherheitspolitsichen Interessen feste Bestandteile des atlantischen Westens sind. Man geht nicht offen gegen die Interessen der Verbündeten vor. Das schien Radek Sikorski als stellvertretender Verteidigungsminister in den neunziger Jahren noch sehr wohl zu verstehen, als er NS1 die "Neuauflage von Hitler-Stalin-Pakt" nannte (die dumme Wortwahl ist allerdings für Sikorski typisch, der beinahe alles tun würde, um in die Öffentlichkeit zu kommen).

Frech und strategisch unentschlossen, wie es die Ampelregierung war, beschloss sie - nach der teilweisen Zerstörung von NS 1 und NS 2 durch ukrainische Geheimdienste im Zuge einer im September 2022 phantastisch durchgeführten Operation - Staatsanwaltschaft gegen die ukrainischen Kriegshelden einzusetzen, die an dieser Aktion beteiligt waren. Damit wurde das Signal an Russland gesendet, dass die Wiederaufnahme der strategischen Partnerschaft "für Frieden in Europa, der nur mit und nicht gegen Russland errichtet werden kann", möglich ist. Gerechtfertigt wurde diese Frechheit mit dem Verweis auf den Rechtsstaat.

Von der deutschen Staatsanwaltschaft im vergangenen Jahr dazu aufgefordert, ein in Polen lebendes Mitglied der ukrainischen Truppe, die NS teilweise zerstörten, auszuliefern, ließ Warschau ihn in die Ukraine entkommen, ja Warschau half ihm bei der Flucht. Man konnte damals den Eindruck gewinnen, dass sogar Tusk, der während seiner ersten Premierregierungzeit (2007-2014) gegen NS 2 nichts unternommen hatte, gelernt hat, wo die polnischen Interessen liegen. Der Außenminister Sikorski forderte wiederum öffentlich (auf X) den Schröderschen Chef des BND, Hanning, der sich über die Haltung Warschau empörte, zu "shut up" auf.

Vor kurzem aber verhaftete die polnische Staatsanwaltschaft den besagten ukrainischen Helden, der inzwischen wieder in der Nähe von Warschau lebt, um ihn ggf. (wenn das Gericht so entscheidet) nach Deutschland auszuliefern.

Es ist kaum vorstellbar, dass Berlin Russland als seinen strategischen Partner jemals dauerhaft aufgeben wird - das ist klar. Und es ist klar, dass Berlin auf die polnische Regierung unverschämten Druck ausübt. Aber dass Sikorski und Tusk nicht ernst zu nehmen sind, ist doch am auffälligsten.


11.09.2025

Sikorski, Tusku und russländische Drohnen in Polen

Offenbar war der russländische Drohnen-Angriff auf Polen die Reaktion auf die vor einigen Tagen erfolgte polnische Schließung der Grenze zu Belarus. Ich erinnere daran, dass über Polen belarussische Waren in den Westen kommen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang auch daran, dass russländisches Öl über die pipeline Druschba nach Deutschland (Schwedt), in die Slowakei, nach Tschechien und Ungarn transportiert wird.

Polen hat also (mit dem Verweis auf die am Freitag beginnende Militärmanöver Zapad, die jedes Jahr von Russland und Belarus in Belarus durchgeführt werden) eine wichtige Waren-Route für Belarus/Russland geschlossen, was zur Folge hatte, dass neben Russland und Belarus ganze Welt gesehen hat, dass Warschau über keine Drohnen-Abwehr verfügt. Minsk hat übrigens die Polen rechtszeitig informiert, dass die Drohnen in ihr Land fliegen - sonst hätte das Warschau hoöchstwahrscheinlich erst erfahren, nachdem sie gefallen waren.

Ich gehe davon aus, dass Radek (von Tusku ganz zu schweigen) für die Schließung der Grenze, über die in Warschau seit vier Jahren diskutiert wird, vernantwortlich ist. Polen sollte schon diese Grenze schließen, da es doch von Belarus und Russland mit "illegalen Migranten" jeden Tag angegriffen wird. Aber: Man kann auf die belarussisch-russländische "hybride Kriegsführung" erst dann mit der Grenzschließung reagieren, wenn man über eine dichte Luftverteidigung und zuverlässige Bündnispartner verfügt. Das erste hat Polen nachgewiesenermaßen nicht, des zweiten kann sich Warschau selbstverständlich niemals so richtig sicher sein.

Wahrscheinlich haben Radek und Tusku diese Sachverhalte jetzt endlich verstanden. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die polnisch-belarussische Grenze bald (nach den Zapad-Manövern) geöffnet werden wird.

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die polnisch-belarussische Geisel Lukaschenkas, Andrzej Poczobut, in einer nicht so fernen Zukunft endlich aus dem belarussischen Gefängnis entlassen sein würde.


01.09.2025

Tusk's Warsaw is more mindless than Germany under Merz

The core of the European security policy that still needs to be created would have to be the German-Polish troop deployment in Ukraine. It would allay the fears not only of Warsaw, but of all post-communist countries and NATO that Berlin could return to the Schröder-Merkel-Scholz policy on Russia (the Bismarckian policy). This step would cause a geopolitical earthquake with far-reaching consequences for the EU and the West.

However, Polish disappointment with Germany is so great – even within the Tusk government – that it is easy to score points in domestic politics by declaring mistrust of Berlin. In view of this mistrust, the political camps in Poland rely almost exclusively on the US for security policy, and the populism that dominates the country dictates that the rejection of the deployment of Polish soldiers in Ukraine be loudly proclaimed. 

At the moment, one could even get the impression that Berlin would send troops to Ukraine under certain circumstances, while Warsaw would never do so.

Under these conditions, almost the entire Polish political establishment is de facto banking on a protracted war in Ukraine that will bleed not only the invaded country but also Russia, permanently weakening both. It is likely that this policy could succeed, but it amounts to Ukrainians dying for peace in Europe. 

At the same time, it testifies to the intellectual weakness that had already gripped Western Europe during the Cold War.

With its strategic blindness, timidity and selfishness, Poland has arrived in the West.

Tusks Polen ist geistloser als Merz' Deutschland im Krieg um die Ukraine

Der Kern der europäischen Sicherheitspolitik, die noch zu kreieren ist, müsste der deutsch-polnische Truppeneinsatz in der Ukraine sein. Er würde nicht nur Warschau, sondern allen postkommunistischen Ländern und der NATO die Angst, Berlin könnte zur Schröder-Merkel-Scholz Russland-Politik (der Bismarckschen) zurückkehren, nehmen. Das würde ein geopolitisches Erdbeben hervorrufen, mit weitreichenden Konsequenzen für die EU und den Westen.


Die polnische Enttäuschung über Deutschland ist - selbst bei der Tusk-Regierung - aber so groß, dass man innenpolitisch mit deklarierten Misstrauen gegenüber Berlin leicht punktet. Angesichts dieses Misstrauen setzen die politischen Lager in Polen sicherheitspolitich fast ausschließlich auf die USA, und der das Land beherrschende Populismus gebietet es, die Ablehnung des Einsatzes polnischer Soldaten laut zu verkünden.

Augenblicklich kann man sogar den Eindruck gewinnen, dass Berlin u.U. Truppen in die Ukraine schicken würde, während Warschau es niemals tun würde.

Unter diesen Bedingungen setzt fast ganze polnische Politik de facto auf einen Dauerkrieg in der Ukraine, der nicht nur das überfallene Land, sondern auch Russland bluten - dauerhaft schwächen - lässt. Es ist wahrscheinlich, dass diese Politik aufgehen könnte, sie läuft aber darauf aus, dass die Ukrainer für den Frieden in Europa sterben. Zugleich zeugt sie von der geistigen Schwäche, die Westeuropa bereits im Kalten Krieg ergriffen hatte.

Mit seiner strategischen Blindheit, Ängstlichkeit und Egoismus ist Polen im Westen angekommen.

20.08.2025

Alaska 2025 is not Munich 1938

 Just as the Germans supported Munich in 1938, today they boast that they are against “the Munich of today” – the Putin-Trump meeting in Alaska. These Germans are as confused today as they were in 1938 when they cheered the Führer for dismantling Czechoslovakia. Today, they are mentally incapable of recognizing the differences between Munich and Alaska. 

They are blind to the fact that the Alaska talks took place during the war, while in Munich Chamberlain made a ridiculous and fateful attempt to prevent war at the expense of Czechoslovakia. 

Outside Germany, Munich is rightly criticized for its unwillingness to stop Hitler by force. But even today, no one in Germany wants to confront Putin with force. They just want the Ukrainians to do it, preferably with American money and American weapons. Similarly, in 1938, the Germans did not want to go to war, certainly not against their own leader.

For 15 years, the Germans did not equate Putin with Hitler, even though he had flattened Chechnya, bombed Syria, and waged war in Georgia. Unlike Hitler in 1938, he had blood on his hands before he invaded Ukraine in 2014. Even in 2022, the Germans wanted to import energy from him—there was no significant opposition to this in Germany. 

And does Germany now want to suggest that Trump is today's Chamberlain? Or do they want to see Trump as today's Hitler? In Germany, both are possible. Because in this country, gut feelings very often replace reason when politics is involved. That's why it's not worth thinking about.

It suffices to note that there is continuity between the German state of affairs in 1938 and in 2025. This continuity consists in the fact that, from a rational point of view, it should not be taken seriously. But it must be feared. For it is the state of affairs of the most populous nation on the Old Continent, with ten neighbors.

Alaska is more like Yalta. Trump would be today's Roosevelt, if he was an American idiot.

Friedensbemühungen Trumps sind nicht der Münchener Konferenz 1938 gleichzusetzen

 So wie die Deutschen 1938 München unterstützten, so protzen sie heute damit, dass sie gegen „das München von heute“ - das Putin-Trump-Treffen in Alaska - sind. Diese Deutschen sind heute ähnlich verwirrt wie sie es 1938, als sie den Führer für das Auseinandernehmen der Tschechoslowakei bejubelten, waren. Sie sind heute geistig äußerstande, die Unterschiede zwischen München und Alaska zu erkennen.

Sie sind blind für die Tatsache, dass Alaska-Gespräche im Krieg stattfanden, während in München von Chamberlain der lächerlich-verhängnisvolle Versuch unternommen wurde, den Krieg auf Kosten der Tschechoslowakei zu verhindern.
An München kritisiert man deshalb außerhalb Deutschland zurecht den Unwillen, Hitler mit Gewalt aufzuhalten. Aber in Deutschland will auch heute niemand Putin mit Gewalt entgegentreten. Man will bloß, dass die Ukrainer es tun, möglichst für amerikanisches Geld und mit amerikanischen Waffen. Ebenso 1938 wollten die Deutschen in keinen Krieg treten, bestimmt schon nicht gegen den eigenen Führer.
Putin haben die Deutschen 15 Jahre lang nicht Hitler gleichgesetzt, obwohl er Tschetschenien platt gemacht hatte, Syrien bombardiert, in Georgien Krieg geführt hatte. Anders als Hitler 1938 hatte er Blut an den Händen, ehe er 2014 die Ukraine überfiel. Noch im Jahre 2022 wollten die Deutschen von ihm Energie importieren - es gab keinerlei nennenswerten Widerstand dagegen in Deutschland..
Und will man in Deutschland heute andeuten, dass Trump Chamberlain von heute ist? Oder will man Trump als Hitler von heute sehen? In Deutschland ist beides möglich. Denn hierzulande ersetzt der Bauch sehr oft den Verstand, wenn Politik im Spiel ist. Deswegen lohnt es nicht, darüber nachzudenken.
Es reicht aus, festzustellen, dass es eine Kontinuität zwischen dem deutschen Gesteszustand von 1938 und von 2025 gibt. Sie besteht darin, dass man ihn unter rationalen Gesichtspunkten nicht ernst nehmen darf. Man muss ihn aber fürchten. Denn es ist ein Zustand der bevölkerungsmässig größten Nation auf dem Alten Kontinent, mit zehn Nachbarn.

Friedensbemühungen Trumps sind eher Jalta gleichzusetzen. Trump ist - in dieser Frage - Roosevelt gleichzusetzen.