Die Kopernikus-Gruppe, ein deutsch-polnisches Diskussionsforum, das beträchtlichen Anteil am bisherigen harmonischen Narrativ des deutsche-polnischen Verhältnisses hat, findet die Gründe für dessen Verschlechterung nicht in "objektiven Bedingungen", sondern in der Politik der PiS: "An
den objektiven Bedingungen der Partnerschaft habe sich nichts
geändert: [an der] geografischen Lage der Nachbarn, [an der] strategischen Bedeutung als Wirtschaftspartner, [an den] Sicherheitsinteressen [beider Länder]."
Es stimmt aber nicht, dass die Sicherheitsinteressen
Deutschlands und Polens je gleich gelagert gewesen waren. Im Verhältnis
zu Russland sind sie von jeher unterschiedlich. Deutschland wird von Russland nicht bedroht und nimmt sich als sicher wahr, das gilt für Polen so nicht. Die deutschen und die polnischen Interessen gegenüber Russland sind deshalb unterschiedlich. Sie wirksam zu koordinieren ist nur im Rahmen einer föderalen Struktur - der EU - möglich.
Die heutige
Entfernung beider Staaten voneinander geht in diesem Zusammenhang auf die unzähligen Fehler
und Auslassungen im beiderseitigen Verhältnis zurück, die eine endgültig
abgeschlossene Periode kennzeichneten, in der man auf beiden Seiten
den besagten gewichtigen Unterschied auszublenden versuchte. Diese Ausblendung
half dabei, die zweifellos auf vielen Feldern vorhandene "deutsch-polnische Interessengemeinschaft" zur heilen Welt zu stilisieren. Die Eliten Polens hatten übrigens den Traum von der heilen
Welt aus Deutschland importiert. Ihrer Fähigkeit, eigene Interessen
wahrzunehmen, hat es nicht unbedingt geholfen. Wenn ein schwächerer und ein stärkerer Partner unter gleicher Wahrnehmungsschwäche leiden, kommt der
Stärkere mit dieser Krankheit besser zu Recht.