Niemand in Polen sieht die die Verschiebung der Präsidentschaftswahlen um einigen Wochen als eine Niederlage von Jarosław Kaczyński, weil das einfach nicht möglich ist. Aus fünf Gründen.
1) Es handelt sich nicht um einen Termin im Herbst, den er nicht haben wollte (man nimmt an, dass erst dann die ökonomischen und soziale Folgen der Pandemie sichtbar sein werden, was sich für das PiS-Lager negativ auswirken würde).
2) Diese Entscheidung wurde getroffen trotz der Blockade der Opposition im Senat, die dort das veränderte Wahlgesetz, das Briefwahl zuließ, einen Monat lang hatte liegen lassen. Heute war es der erste Tag, da der Sejm das Veto des Senats abweisen konnte - und es gab eine Mehrheit dafür.
3) Die Mehrheit war nicht selbstverständlich, weil ein Koalitionspartner von der PiS wochenlang mit der Opposition spielte und den Eindruck vermittelte, dass er abspringen könnte. Gestern hat er sich von der Opposition, die unbedingt den Ausnahmezustand und Wahlen im Herbst haben wollte, öffentlich abgesetzt.
4) Es war klar, dass Jarosław Kaczyński Wahlen am 17. oder 23 Mai. haben wollte, nicht am 10. Mai. Die Verschiebung um ein paar Wochen tut dem PiS-Lager gut, weil niemand (vielleicht bis auf die deutschen Schreiber) unsinnige Vorwürfe erheben wird, Jarosław Kaczyński presche auf die sofortige Präsidentenwahl vor und wolle die Demokratie abschaffen.
5) Die oppositionellen Kandidaten, die von Deutschland unterstützt werden, haben sich während der letzten Wochen derart kompromittiert und haben so niedrige Unterstützungswerte, dass nur Außergewöhnliches den Sieg von Andrzej Duda verhindern würde.
Wenn also hierzulande jemand schreibt, dass Jarosław Kaczyński eine Niederlage erlitten hatte, dann zeugt von Niveaulosigkeit, die der Niveaulosigkeit der polnischen Opposition angemessen ist. Aber das wissen wir schon seit Langem.
Man soll gegen den Strom schwimmen. Mit dem Strom schwimmt der Müll. (Zbigniew Herbert)
07.05.2020
Zentralismus und Pandemie
In der Pandemie-Situation scheinen sich zentralisierte Staaten am besten zu bewähren. Dazu gehört auch Deutschland, dessen zentralistischer Föderalismus häufig provokativ als ein "verkappter Unitarismus" bezeichnet wird. Deutschland ist ein föderaler Staat, dessen Bevölkerung dem Unitarismus huldigt. In normalen Zeiten führt das zum Übergewicht des Bundes, der die wunderbare, freiheitliche Vielfalt des Landes erdrückt. In der Pandemie macht dieses Übergewicht es aber möglich, dass die Länder ihre Handlungen freiwillig koordinieren. Auch ein schwacher, de facto der Macht beraubte Kanzler bekommt dann seine - in diesem Fall ihre - Chance. Die Regierungschefin, die nichts vertritt und zu nichts steht, wird dann plötzlich zum idealen Kanzler der Pandemie. Denn sie wird gebraucht, damit sie vermittelt, vereinheitlicht, koordiniert. Sie hat zumindest ein Jahrzehnt lang gezeigt, dass sie gleichsam von ihrem Naturell zu nichts Anderem fähig ist.
Das Gegenpol zum deutschen zentralisierten Föderalismus bildet der amerikanische Föderalismus, der sich durch eine echte Vielfalt und die stark begrenzte Macht des Bundes auszeichnet (eine sozialdarwinistische Mentalität der Bevölkerung kommt hinzu). Mit einem das Land polarisierenden und nicht gerade gescheiten Präsidenten versagt dieses System in den Zeiten der Pandemie gänzlich. Während in Deutschland sogar das klägliche intellektuelle, personelle und politische Desaster der Bundesregierung in den ersten Wochen der Pandemie auf dem Weg der Maßnahmenkoordinierung scheinbar problemlos behoben werden konnte, rutschten die USA in eine tragische Lage ab, in der die Macht der Bundesstaaten ausufert und koordinierte Maßnahmen des Bundes nicht möglich sind. Horrende Todeszellen sind dann die Folgen (auch Arbeitslosigkeit ist unglaublich hoch, gerade für die USA: 35 Mln von 130 Mln der arbeitenden Bevölkerung!). Für den Virus, der bekanntlich nicht auf die territorialen Grenzen achtet, ist das eine wunderbare Chance.
Damit korrigiere ich leicht meine Einschätzung von früher, da ich behauptete, der Unitarismus sei besser als der Föderalismus für die Bekämpfung der Pandemie geeignet. Es muss nicht der Unitarismus (wie bei den neuen EU-Staaten, in denen er in den Zeiten der Pandemie sogar viel besser als der deutsche zentralisierte Föderalismus funktioniert) sein, Hauptsache - der Zentralismus.
Das Gegenpol zum deutschen zentralisierten Föderalismus bildet der amerikanische Föderalismus, der sich durch eine echte Vielfalt und die stark begrenzte Macht des Bundes auszeichnet (eine sozialdarwinistische Mentalität der Bevölkerung kommt hinzu). Mit einem das Land polarisierenden und nicht gerade gescheiten Präsidenten versagt dieses System in den Zeiten der Pandemie gänzlich. Während in Deutschland sogar das klägliche intellektuelle, personelle und politische Desaster der Bundesregierung in den ersten Wochen der Pandemie auf dem Weg der Maßnahmenkoordinierung scheinbar problemlos behoben werden konnte, rutschten die USA in eine tragische Lage ab, in der die Macht der Bundesstaaten ausufert und koordinierte Maßnahmen des Bundes nicht möglich sind. Horrende Todeszellen sind dann die Folgen (auch Arbeitslosigkeit ist unglaublich hoch, gerade für die USA: 35 Mln von 130 Mln der arbeitenden Bevölkerung!). Für den Virus, der bekanntlich nicht auf die territorialen Grenzen achtet, ist das eine wunderbare Chance.
Damit korrigiere ich leicht meine Einschätzung von früher, da ich behauptete, der Unitarismus sei besser als der Föderalismus für die Bekämpfung der Pandemie geeignet. Es muss nicht der Unitarismus (wie bei den neuen EU-Staaten, in denen er in den Zeiten der Pandemie sogar viel besser als der deutsche zentralisierte Föderalismus funktioniert) sein, Hauptsache - der Zentralismus.
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