07.05.2020

Verschiebung der Präsidentenwahl in Polen

Niemand in Polen sieht die die Verschiebung der Präsidentschaftswahlen um einigen Wochen als eine Niederlage von Jarosław Kaczyński, weil das einfach nicht möglich ist. Aus fünf Gründen.

1) Es handelt sich nicht um einen Termin im Herbst, den er nicht haben wollte (man nimmt an, dass erst dann die ökonomischen und soziale Folgen der Pandemie sichtbar sein werden, was sich für das PiS-Lager negativ auswirken würde).

2) Diese Entscheidung wurde getroffen trotz der Blockade der Opposition im Senat, die dort das veränderte Wahlgesetz, das Briefwahl zuließ, einen Monat lang hatte liegen lassen. Heute war es der erste Tag, da der Sejm das Veto des Senats abweisen konnte - und es gab eine Mehrheit dafür.

3) Die Mehrheit war nicht selbstverständlich, weil ein Koalitionspartner von der PiS wochenlang mit der Opposition spielte und den Eindruck vermittelte, dass er abspringen könnte. Gestern hat er sich von der Opposition, die unbedingt den Ausnahmezustand und Wahlen im Herbst haben wollte, öffentlich abgesetzt.

4) Es war klar, dass Jarosław Kaczyński Wahlen am 17. oder 23 Mai. haben wollte, nicht am 10. Mai. Die Verschiebung um ein paar Wochen tut dem PiS-Lager gut, weil niemand (vielleicht bis auf die deutschen Schreiber) unsinnige Vorwürfe erheben wird, Jarosław Kaczyński presche auf die sofortige Präsidentenwahl vor und wolle die Demokratie abschaffen.

5) Die oppositionellen Kandidaten, die von Deutschland unterstützt werden, haben sich während der letzten Wochen derart kompromittiert und haben so niedrige Unterstützungswerte, dass nur Außergewöhnliches den Sieg von Andrzej Duda verhindern würde.

Wenn also hierzulande jemand schreibt, dass Jarosław Kaczyński eine Niederlage erlitten hatte, dann zeugt von Niveaulosigkeit, die der Niveaulosigkeit der polnischen Opposition angemessen ist. Aber das wissen wir schon seit Langem.