Diesmal ein sehr persönliches Statement: Es geht nicht um den Verfassungsvertrag für was auch immer, nicht um den Nationalismus und auch nicht um die Zukunft Europas...
Die durch und nach Fukushima erzeugte Hysterie um Atomkraftwerke ist verständlich, zumal es schon die Tschernobyl-Katastrophe gegeben hatte. Man kann die Angst - doch "nur" ein Gefühl - der Menschen nachvollziehen, obgleich davon auszugehen ist, dass zwischen 1986 (Tschernobyl) und 2011(Fukushima) die fossilen Energieträger - infolge ihrer Gifte, die so oder so in die Umwelt und in unsere Körper eindringen - wesentlich mehr Opfer gefordert haben als die GAUs und übrigen Havarien in den Atomkraftwerken. Diese fossilen Energieträger decken nach wie vor den überwiegenden Großteil des deutschen Energiebedarfs, während auf der EU-Ebene die Bundesrepublik, wo bekanntlich besonders Großautos einen besonderen Schutz der Politik genießen, radikale ökologische Verbesserungen eher bremst.
Auch die Politiker haben allerdings ein Quäntchen Verständnis für ihren Opportunismus verdient. In der Ära des Populismus müssen sie um ihre so genannte Glaubwürdigkeit ringen, und zwar ungeachtet dessen, dass sich das Volk selbst keineswegs aus Menschen zusammensetzt, die immer glaubwürdig wirken. So scheint das durch das ferne Fukushima so stark verängstigte deutsche Volk die Tatsache nichts anzugehen, dass jene Bundesregierung, die in gut zehn Jahren Deutschland "atomfrei" machen will, immer noch an Hermes-Bürgschaften für jene deutschen Firmen festhält, die in fernen Ländern (wie Brasilien) genau solche Atomkraftanlagen bauen, die hierzulande abgeschaltet werden (sollen). Für diese Atomkraftwerkexporte gilt auch aus der Sicht des "Otto-Normalverbrauchers" das schlicht-selbstgefällige Motto: "Die deutschen Atomkraftwerke sind die sichersten der Welt".
Was aber schon verwundern muss, ist der de facto fehlende Widerstand gegen die bereits sehr fortgeschrittene Verunstaltung der Landschaft mit Windrädern und Solaranlagen. Es sei nur auf die Banalität hingewiesen, dass Deutschland in der Zeit des "Witschaftswunders" ohnehin nicht gerade schön (wieder) aufgebaut worden ist. Hässliche Wohnblocks wurden genauso unter den Kommunisten in der DDR wie unter den freiheitlichen Demokraten in der Bundesrepublik hochgezogen, wenngleich die Erstgenannten gezielt Bruchbudenqualität bevorzugten. Wenn jemand Dortmund oder Mannheim besucht hat, und auch die "Altstadt" von Köln, vom Neupfarrplatz in Regensburg (samt dem Kaufhof und der Sparkasse) ganz zu schweigen, der weiß genau, was gemeint ist.
Und dieses Deutschland der verpassten ästhetischen Chancen lässt sich jetzt auf eine konsequente Landschaftsverunstaltung mittels Technologien ein, die schon auf den ersten Blick unausgereift wirken. Eigentlich soll auch diese Entwicklung nicht verwundern - sie zeugt eher von Kontinuität.
Wer glaubt, die Ästethik sei bloß eine Chimäre, sei daran erinnert, dass dies im zumindest gleichen Maße für die sichere bzw. saubere Energieversorgung gilt. Wie dem auch sei: Diese Sicherheit bzw. "Sauberkeit" wird gewiss nicht dadurch gewährleistet, dass riesige Land- und Wasserflächen systematisch zerstört werden, um einige Prozent des Landesstrombedarfs zu erzeugen.
Man soll gegen den Strom schwimmen. Mit dem Strom schwimmt der Müll. (Zbigniew Herbert)
10.06.2011
02.06.2011
Präambel zum Lissaboner Vertrag
Es ist die latente irrational-antieuropäische – d.h. zutiefst nationalistische – Grundstimmung, die das Projekt des so genannten europäischen Verfassungsvertrags umgeworfen hatte. Die populistische Neigung der Politiker in den europäischen Staaten kam hinzu. Wir erinnern uns: Das Projekt scheiterte an Referenden in Frankreich und den Niederlanden (in Antizipation des ähnlichen Ausgangs hat man in Deutschland vorsorglich auf eine Volksabstimmung über den „Verfassungsvertrag für Europa“ verzichtet). Nach dem Scheitern hat man unter der deutschen Ratspräsidentschaft als Notlösung den „EU-Reformvertrag“ angestrebt, der unter der portugiesischen Ratspräsidentschaft 2007 tatsächlich angenommen und Anfang Dezember 2009 auch rechtskräftig wurde. Erstaunlicherweise ist es mit dem mittlerweile „Vertrag über die Arbeitsweise der Union“ genannten Lissaboner Kompromiss gelungen, die wesentlichen Inhalte (nicht aber die Symbolik und Übersichtlichkeit) des „Verfassungsvertrages“ zu retten. Wie war so etwas möglich? Nur eine Antwort kann richtig sein: Entweder war der „Verfassungsvertrag“ keine Verfassung oder ist der Lissaboner Vertrag eine.
Die zweite Antwort wäre zu schön, um wahr zu sein. In Wahrheit hatten die politischen Eliten niemals beabsichtigt, der EU eine echte Verfassung, die bekanntlich ein Attribut der staatlichen Souveränität ist, zu geben. Vielmehr wollten sie mit dem Wort „Verfassung“ eine qualitative EU-Reform vortäuschen, ohne die Union zu demokratisieren. Gemessen an diesem Wort war das Ziel des „Verfassungsvertrages“ recht bescheiden: Das schier unüberschaubare EU-Regelwerk sollte den Erfordernissen der erweiterten EU angepasst und vereinfacht werden. Die bisherige teils informelle Verteilung der Macht unter den Nationalstaaten sollte aber nur unwesentlich, und zwar zugunsten Deutschlands ("doppelte Mehrheit"), verändert werden. Die Demokratisierung hätte dagegen die Macht der im Europäischen Rat vertretenen Nationalstaaten (darunter Deutschlands) zugunsten des Europäischen Parlaments und der Kommission beträchtlich reduzieren müssen.
Müssen die Europäer nach dem langjährigen (und irgendwie doch langweiligen) Horror mit der „europäischen Verfassungsgebung“ sowie mit der Ratifizierung des Lissaboner Vertrages (Irland) die Wirklichkeit verleugnen und diesen nun gut heißen? Müssen sie sich mit dem nicht-demokratischen institutionellen Durcheinander der EU nur deshalb zufrieden geben, weil auf absehbare Zeit keine Politiker den Mut aufbringen werden, eine echte demokratische Verfassung vorzubereiten und zu verabschieden? Ein kleiner Schritt in die richtige Richtung könnte mit der dem Lissaboner Vertrag hinzuzufügenden Präambel getan werden:
"Wir Europäer, diejenigen, die an Gott als die Quelle der Wahrheit, Gerechtigkeit, Güte und Schönheit glauben, wie auch jene, die diesen Glauben nicht teilen, und diese universellen Werte aus anderen Quellen ableiten, sind uns unserer ethnischen und nationalen Unterschiede bewusst. Wir wissen aus unserer Geschichte, dass unsere Vielfalt nur dann große Leistungen in Kultur, Politik und Wirtschaft hervorbringen kann, wenn wir in der durch Recht geschützten Freiheit leben. Wir haben uns diesen Vertrag gegeben, damit wir unsere Einheit in Vielfalt ausleben können, und zugleich im Bestreben, uns näher zu kommen.
Wir sind uns bewusst, dass unsere Union demokratisch werden muss. Damit die Demokratisierung geordnet verläuft, wollen wir alle drei Jahre einen Konvent mit der Novellierung dieses Vertrages beauftragen, und zwar mit dem Ziel, ihn eines Tages zur Verfassung der Europäischen Union umzuwandeln. Über die Annahme der durch den jeweiligen Konvent vorgelegten Novellen sollen unsere Vertreter im Europäischen Parlament befinden".
Nicht zu verwirklichen! Utopisch! Falsch!
Wirklich?
Die zweite Antwort wäre zu schön, um wahr zu sein. In Wahrheit hatten die politischen Eliten niemals beabsichtigt, der EU eine echte Verfassung, die bekanntlich ein Attribut der staatlichen Souveränität ist, zu geben. Vielmehr wollten sie mit dem Wort „Verfassung“ eine qualitative EU-Reform vortäuschen, ohne die Union zu demokratisieren. Gemessen an diesem Wort war das Ziel des „Verfassungsvertrages“ recht bescheiden: Das schier unüberschaubare EU-Regelwerk sollte den Erfordernissen der erweiterten EU angepasst und vereinfacht werden. Die bisherige teils informelle Verteilung der Macht unter den Nationalstaaten sollte aber nur unwesentlich, und zwar zugunsten Deutschlands ("doppelte Mehrheit"), verändert werden. Die Demokratisierung hätte dagegen die Macht der im Europäischen Rat vertretenen Nationalstaaten (darunter Deutschlands) zugunsten des Europäischen Parlaments und der Kommission beträchtlich reduzieren müssen.
Müssen die Europäer nach dem langjährigen (und irgendwie doch langweiligen) Horror mit der „europäischen Verfassungsgebung“ sowie mit der Ratifizierung des Lissaboner Vertrages (Irland) die Wirklichkeit verleugnen und diesen nun gut heißen? Müssen sie sich mit dem nicht-demokratischen institutionellen Durcheinander der EU nur deshalb zufrieden geben, weil auf absehbare Zeit keine Politiker den Mut aufbringen werden, eine echte demokratische Verfassung vorzubereiten und zu verabschieden? Ein kleiner Schritt in die richtige Richtung könnte mit der dem Lissaboner Vertrag hinzuzufügenden Präambel getan werden:
"Wir Europäer, diejenigen, die an Gott als die Quelle der Wahrheit, Gerechtigkeit, Güte und Schönheit glauben, wie auch jene, die diesen Glauben nicht teilen, und diese universellen Werte aus anderen Quellen ableiten, sind uns unserer ethnischen und nationalen Unterschiede bewusst. Wir wissen aus unserer Geschichte, dass unsere Vielfalt nur dann große Leistungen in Kultur, Politik und Wirtschaft hervorbringen kann, wenn wir in der durch Recht geschützten Freiheit leben. Wir haben uns diesen Vertrag gegeben, damit wir unsere Einheit in Vielfalt ausleben können, und zugleich im Bestreben, uns näher zu kommen.
Wir sind uns bewusst, dass unsere Union demokratisch werden muss. Damit die Demokratisierung geordnet verläuft, wollen wir alle drei Jahre einen Konvent mit der Novellierung dieses Vertrages beauftragen, und zwar mit dem Ziel, ihn eines Tages zur Verfassung der Europäischen Union umzuwandeln. Über die Annahme der durch den jeweiligen Konvent vorgelegten Novellen sollen unsere Vertreter im Europäischen Parlament befinden".
Nicht zu verwirklichen! Utopisch! Falsch!
Wirklich?
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