04.12.2013

Flughafen Borispol - nicht minder wichtig als die ukrainische "Revolution"

Auf dem Kiewer Flughafen Borispol - Warten auf den Flieger. Der Flughafen ist gründlich erneuert worden für die Fußball-Europameisterschaft vor ein Paar Jahren (wann genau? wer weiß es noch, Deutschland hat verloren). Die Fliesen sind unfachmännisch gelegt, was man mit bloßem Auge sieht. Der überdimensional ausgefallene Abflugsterminal ist zum beträchtlichen Teil abgedeckt, damit notwendige Reparaturen durchgeführt werden können (auf dem neu erbauten Flughafen in Lemberg bewegen sich die Fliesen zusammen mit den Passagieren).

Niemals zuvor hatte ich meine Kamera und Laptop vorführen müssen, noch bevor beide durchleuchtet worden sind. Nach der Sicherheitskontrolle wurde ich von einer jungen Frau mit langen Beinen mitten im Telefongespräch unterbrochen, weil sie mich auf Sonderangebote im Duty Free Laden aufmerksam machen wollte. In der Tat ging ich nach dem Gespräch hin und suchte ein Geschenk aus. An der Kasse wartete ich ca. zehn Minuten - so lange dauerte die Abfertigung einer Kundin durch drei (sic!) Verkäuferinnen, die nicht gerade gescheit und engagiert wirkten, dafür aber lange Beine hatten (es scheint das Kriterium zu sein, nach dem in den postkommunistischen Ländern Verkäufer eingestellt werden). Da es sehr heiß war und zwei Menschen vor mir standen, habe ich mich dazu entschlossen, das Geschenk woanders zu kaufen und nun bescheiden ein Paar Euro für einen Kaffee auszugeben.

Gegenüber der Abfertigungsstelle sah ich einen Imbiss - die Warteschlange war dort aber so lange (ca. 20 Menschen), dass ich mich doch Richtung Gate fortbewegte. Dabei habe ich die Hoffnung nicht verloren, dass in diesem großen Terminal noch ein Cafe bzw. Imbiss zu finden sein würde. Diese Hoffnung ist enttäuscht worden. Am Ende des Terminals fand ich allerdings ein von Kunden verlassenes Zeitungskiosk (für Kundenbesuche liegt es zu weit entfernt). Dort habe ich mir eine oder zwei Zeitungen erhofft, um meine Eindrücke vom Majdan mit der Meinung der ukrainischen Kommentatoren abzugleichen. Im Kiosk fand ich aber ausschließlich die ukrainischen Ausgaben der dümmsten westlichen Presseprodukte - mit viel Busen und Sixpack auf der ersten Seite. Nicht gerade höfflich wurde ich vom Verkäufer aufgeklärt, dass auf diesem Flughafen Tagespresse nicht zu kaufen ist.

Was tun? Ich hatte noch 90 Minuten Zeit, keinen Kaffee, keine Zeitung. Warum nicht zurück spazieren ans andere Ende des Terminals? Nach einigen Minuten bin ich an der inzwischen noch länger gewordenen Warteschlange (arme neue Kunden, die wissen noch nicht, was sie erwartet) vor dem Imbiss vorbeigegangen, nach einigen weiteren habe ich mein Ziel erreicht. Dort gab es eine arbeitende Kaffemaschine! ("Moloka net" - keine Milch - wurde ich von einer Verkäuferin mit langen Beinen belehrt - wer würde sich darüber noch aufregen?). Von diesem Erfolg berauscht, habe ich mir doch noch eine "Playboy"-Ausgabe mit Georg Cloony (oder wie er heißen mag) gekauft. Die liegt noch unausgepackt neben diesem Laptop. Denn im Flugzeug der ukrainischen Linien gibt es erfahrungsgemäß keine Zeitungen - da habe ich schlau vorgesorgt.

Nur Menschen, die überhaupt nicht verstehen, was der Kommunismus für die Ukraine bedeutete, und nicht zur Kenntnis nehmen wollen, dass das Land keine richtige Systemtransformation durchgemacht hat, glauben, es könnte bald der EU beitreten.

Der Aufruf kommt... Aber nicht an uns, die nach München wollen. Wir sollen zwar bereits in der Luft sein, aber niemand sagt etwas. Jetzt wurde einem Passagier informell mitgeteilt, dass das Flugzeug "ausgewechselt" werden soll. Spannend, nicht wahr?