23.06.2014

Deutschland gegen Ghana

In einer Umkleidekabine treffe ich regelmäßig einen alten, grauen Mann, den ich nicht grüße. Das heißt: Ich grüße ihn nicht mehr, weil er mich niemals zurück gegrüßt hatte. Ob ich aber will oder nicht, höre ich gelegentlich Fragmente der Gespräche, die er - nennen wir ihn "Rentner" - an diesem Ort mit seinen Freunden oder Bekannten führt. Es geht immer um Fußball, was es mir noch leichter macht, ihn zu ignorieren.

Einen Tag vor dem Spiel Deutschland-Ghana am 21. d.M. war ich aber wieder ungewollt Zeuge eines Gesprächs, dessen Thema 22 Männer waren, die einem Ball nacheifern. Ein anderer alter Mann sagte zu dem Rentner: "Morgen spielt Deutschland gegen Ghana". Der Angesprochene korrigierte: "Gegen den Neger". "Neger gibt es nicht mehr" - antwortete sein Gesprächspartner mit unverkennbarer Bemühung um Ironie. "Es gibt bloß ... >Farbige <". Sie lächelten einander an.

Beide - und wie viele Millionen noch? - mussten sich während des Samstagspiels so gefühlt haben wie die meisten Deutschen bei der Berliner Olympiade 1936, als Jesse Owens zum besten Sportler geworden war.

Wie schön, dass der Rentner dieses Spiel noch erlebt hat: Ghana hat schöner und mutiger als Deutschland gespielt und hat deshalb den Sieg verdient.