1) Polen (und Ungarn, wobei Polen federführend war) ist es gelungen, eine Zusicherung (nicht eine Verordnung - was die Polen gewünscht hätten) zu erhalten, dass die finanzielle Bestrafung der Mitgliedstaaten ausschließlich auf der Basis des geltenden Lisaboner Vertrags geschehen kann.
2) Deutschland (und besonders Holland) mussten zurückweichen, obwohl sie wochenlang de facto an der Regel "Bestrafung aus politischen Gründen am Vertrag vorbei" festhielten.
3) Deutsche Medien haben wochenlang einhellig ihre Regierung und die Kommission unterstützt. Das Problem der Vertragswidrigkeit wurde von ihnen ausgeblendet. Der deutsche Antipolonismus (Verachtung der katholischen und die deutsche Sichtweise nicht akzeptierenden Polen) hat Ausmasse wie niemals seit dem Ende des Kommunismus erreicht. In allen deutschen großen Medien.
4) Polnische Medien und Opposition stellten sich größtenteils gegen die polnische Regierung und übten somit - zusammen mit den deutschen Medien in Polen und in Deutschland - "Verhandlungsdruck" aus. Die polnische Regierung hat viel Mut gezeigt.
5) Polen und Ungarn konnten die stille Unterstützung aus dem Süden der EU erhalten. Das Weimarer Dreieck funktionierte demgegenüber (wieder) nicht, auch baltische Staaten haben sich zurückgezogen. Überhaupt scheint die Angst der meisten kleinen EU-Mitglieder vor Deutschland (oder deren Gewöhnung an die deutsche Führung in der EU) sehr groß.
6) Die Europäische Kommission und das EU-Parlament waren darauf aus, vertragswidrig zu handeln.
7) Das Ergebnis der Verhandlungen wird in Deutschland nicht als Erfolg Polens und die Hoffnung für die EU (das Versprechen, sich an Verträge zu halten!) genannt, sondern als Erfolg der deutschen EU-Präsidentschaft interpretiert. Diese drohte zu scheitern. Es war möglich, dass Deutschland eine gespaltene EU mit einem Haushaltsprovisorium hinterlassen würde. Aus Portugal kamen Andeutungen, dass es eine Haushaltsverabschiedung in der eigenen Präsidentschaft nach dem Jahresbeginn managen würde.
In der EU alles wie gewöhnt: Fehlen der Demokratie, riesiger Reformbedarf und kein Wort über Reformen.
PS. George Soros kritisiert Merkel für den "schlechstmöglichen Kompromiss". Der Finanzier ist zumindest ehrlich. Original: German Chancellor Angela Merkel has been laboring under enormous pressure to prevent a veto of the European Union's 2021-27 budget and COVID-19 recovery fund. But the compromise she reached with Hungary and Poland is the worst of all possible worlds.
Ganz realistisch sieht Soros auch die Machtstruktur der EU:
I recognize and understand the enormous pressure under which German Chancellor Angela Merkel has been laboring. She has been Germany’s chancellor for 15 years and is now approaching retirement, in September 2021. With French President Macron temporarily distracted by the laïcité issue and other serious security concerns within France, Merkel has become something of the sole main decision-maker for the EU.