Gestern habe ich telefoniert mit einem Freund, einem Universitätsprofessor aus Polen. Ein lieber, fleißiger und in seinem Beruf wirklich guter Mann, gehört er politisch jenen Polen an, die anschaulich demonstrieren, was aus der polnischen inteligencja nach dem Kommunismus werden kann, wenn sie Adam Michnik und seinem Hetzblatt „Wyborcza“ und den verlogenen amerikanischen sowie deutschen Medien schutzlos ausgeliefert wird. Gestern hat er mich etwa darüber belehrt, dass Jarosław Kaczyński, der für seine judenfreundliche Haltung bekannt ist, dazu taugen würde, Holocaust durchzuführen. Wenn ich bei polnischen Freunden und Bekannten solchen Schaden durch die besagten Medien vernehme, reagiere ich mit: "Du hast kein Gehirn" und gehe resigniert zum nächsten Thema über. Normalerweise werde ich dann wieder mit Stuss konfrontiert. Gestern hat sich aber diese Taktik wider Erwarten gelohnt.
Denn im Gespräch über aktuelle Vorgänge erwähnte mein Freund beiläufig einen Artikel der FAZ über Jarosław Gowin, einen Politiker, der im April-Mai 2020 dafür gesorgt hatte, dass die letzten Präsidentschaftswahlen in Polen nicht als Briefwahlen und nicht zu dem von der Verfassung vorgeschriebenen Termin stattfanden. Die FAZ soll, so mein Freund, Gowin im vergangenen Jahr den "Mann für Geschichtsbücher" genannt haben.
Ich wollte es nicht glauben, weil ich ungerne meine lieb gewonnenen Vorstellungen revidiere: Die FAZ sei zwar opportunistisch, steif und oft nicht gerade gescheit (da gibt es zum Beispiel einen alten Mann, der schreibt, dass Angela Merkel auch nach Herbst d.J. weiterregieren sollte), aber all das hielte sich noch in Grenzen, etwa verglichen mit der „Süddeutschen“ oder der „Handelsblatt“. Und Gowin sei doch bisher in der Politik ausschließlich durch sein ungebändigtes Ego aufgefallen. Gowin wolle doch nur Premierminister werden, obwohl seine politische Gruppierung im polnischen Sejm so, wenn ich mich richtig erinnere, zwei Dutzend Abgeordnete von 460 hat. Zuständig für kleine Gerichtsreform unter der Tusk-Regierung und zuständig für Hochschulreform unter der Kaczyński-Regierung hat er immer dafür sorgen können, dass er sichtbar wurde. In der Sache getan hat er nichts.
Jetzt habe ich gegoogelt und es stimmt... Der Korrespondent der FAZ hat in Gowin tatsächlich den Mann der Vorsehung erkannt. Lesen Sie unten.
Aha... noch zum Schluss. Jarosław Gowin hat aktuell politische Probleme. Es hat sich herausgestellt, dass er seit 2015 kein Mandat als Vorsitzender seiner "Partei" "Verständigung" (nebenbei: guter Name, einfallsreich) hat. Beim "Kongress" seiner "Partei" im Jahre 2015 hat man nämlich... vergessen, den Vorsitzenden zu wählen.
Der Journalist und der Parteivorsitzende sollten zusammen Bier trinken gehen, oder?