07.11.2011

Die Demokratie stirbt vor unseren Augen

Kluge Menschen wie Ralf Dahrendorf hatten lange vor den finanziellen Krisen der letzten Jahre festgestellt, dass die westliche Demokratie autoritäre Züge bekommt: Über wichtige Sachverhalte wird fern des Volkes und seiner Vertreter entschieden. Dahrendorf hatte dabei vor allem internationale Konzerne im Sinn, die die Macht der demokratischen Nationalstaaten unterminieren. Gewiss hat dieser spontane, schrittweise Abbau der Demokratie es mit der Globalisierung zu tun. Die Zusammenhänge, im Rahmen deren wichtige politische Entscheidungen getroffen werden können, sind gerade in der Wirtschaftspolitik oft supranational. Die Folge ist, dass nationalstaatliche, demokratisch legitimierte Instanzen auf vielen ökonomischen Gebieten bestenfalls noch reagieren können, zum Agieren sind sie kaum oder gar nicht mehr imstande.

Mittlerweile werden aber auch genuin politische Entscheidungen auf einem zutiefst undemokratischen Wege getroffen. Eigentlich kann man die Tatsache nicht übersehen, dass in der Europäischen Union, die niemals demokratisch war, mittlerweile sogar nicht der Schein bewahrt wird, dass demokratische Prinzipien und Institute etwas bedeuten. Dabei werden auf der EU-Ebene bekanntlich Entscheidungen von schier unermäßlichen Tragweite für die EU-Nationen getroffen. Wer trifft sie? Merkel und Sarkozy bzw. Merkel selbst. Wie werden sie getroffen? Häufig im Handygespräch. Die Demokratie im Westen Europas kommt auf den Hund.

Warum machen die Deutschen und die Französen keinen Aufstand dagegen? Weil sie als engstirnige Nationalisten es gut vertragen können, dass ausgerechnet ihre Politiker "Europa regieren". Warum widersetzen sich aber die anderen Völker dieser pseudodemokratischen Farce nicht? Weil sie sich als engstirnige Nationalisten darüber freuen, dass sie die Verantwortung für die Zukunft der EU nicht tragen müssen. Alle verbindet dabei eine Missachtung der demokratischen Grundsätze, die den nach wie vor an Sonntagen gehaltenen selbstgefälligen Predigten der politischen Prominenz widerspricht, die westlichen Gesellschaften seien demokratisch gesinnt (in Wahrheit haben sie keine Gesinnung: RTL liefert sie doch nicht).

Und Politologen? In Deutschland sind die meisten von ihnen verbeamtet und schreiben Aufsätze sowie Bücher über die westliche Demokratie, die die Welt retten sollte. Diese Publikation werden dann von Politologen gekauft und - seltener - gelesen.