Gemäß den Ergebnissen der empirischen Elitenforschung ist das
Ausmaß des Elitenwechsels in Polen jenem in Ungarn oder den neuen Bundesländern
ähnlich und somit viel größer als etwa in Russland oder der Ukraine. Es darf
aber nicht vergessen werden, dass Polen doch das einzige kommunistisch regierte
Land gewesen war, in dem sich eine politische Gegeneile herausgebildet hatte. In
den „Bürgerkomitees der Solidarność“ im Jahre 1989 waren noch ca. 100 000
Menschen ehrenamtlich aktiv! Offenbar fand daraufhin eine große Verschwendung
des so genannten Humankapitals statt.
So lassen beträchtliche Segmente der politischen und Verwaltungseilten
immer noch viel zu wünschen übrig, besonders wenn es um ihre Kompetenz geht. Die
umgewandelten Nomenklaturisten zeigen sich wiederum als loyal gegenüber der
Demokratie. Dies hat aber wahrscheinlich wenig mit ihrer Gesinnung zu tun. In
der polnischen Kartelldemokratie geht es ihnen einfach sehr gut.
Schon bei der langen polnischen Verfassungsgebung war die
der politischen Klasse innewohnende Tendenz unübersehbar, das Gemeinwohl dem Partikularinteresse
zu opfern. Die überlang geratene Verfassung von 1997 hat nichts vom
beflügelnden Dokument der ersten parlamentarischen Konstitution der Welt, die
am 3. Mai 1791 im Warschauer Königsschloss verabschiedet wurde. Auch sie trägt dazu bei, dass bis heute de facto nicht geklärt ist, welche außenpolitische
Rolle der Staatspräsident zu spielen hat. Die Ungewissheit darüber kann ab und
zu schon im öffentlich geführten Streit darüber eskalieren, ob er für seine
Auslandsbesuche das Regierungsflugzeug benutzen darf (das übrigens noch in der Sowjetunion
gebaut wurde). Derartige politische Auseinandersetzungen werden auf Kosten der allgemeinen
Rechtskultur und des Rechtsempfindens geführt, die nicht nur durch die
Parteijustiz der kommunistischen Zeit, sondern von den Besatzern Polens bereits
im Zweiten Weltkrieg systematisch unterwandert wurden.
Fortsetzung folgt
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