http://en.wikipedia.org/wiki/Jozef_Pilsudski |
http://en.wikipedia.org/wiki/Symon_Petliura |
Und dennoch hat Polen im Jahre 1989 – also sechs Jahrzehnte
nach dieser Katastrophe – seine Unabhängigkeit wieder erlangt. Nur scheinbar widerlegt
diese Tatsache die Konzeption Piłsudskis. Denn die erst zwei Jahrzehnte junge
polnische Freiheit wird durch die Realität gewordene föderale Idee geschützt –
diesmal die (gesamt?)europäische. Die Europäische Union entzieht der auf die Vernichtung
Polens abzielenden deutsch-russischen Zusammenarbeit in einem noch größeren Maße den Boden als der ursprüngliche „Intermare“-Föderalismus. Die
Mitgliedschaft Polens in der NATO kommt noch hinzu, in der es ausgerechnet Deutschland
als einen Bündnispartner vorfindet.
Die Freiheit Polens schien besonders nach dem Januar-Aufstand
1863, dem seit dem ausgehenden XVIII. Jahrhundert dritten verlorenen polnischen
Kampf um die Unabhängigkeit (die napoleonischen Kriege und den Völkerfrühling
nicht mitgerechnet) eine „romantische“ Chimäre zu sein. Damals, vor knapp 150
Jahren stellte sich der Dichter Cyprian Kamil Norwid im französischen Exil die Frage: (http://en.wikipedia.org/wiki/Cyprian_Kamil_Norwid |
„Was hat sich nicht verändert/ seitdem ich die Welt betrachte/ Ist denn alle Wirklichkeit/ bloß der Vorführung entracte?/ Leben – bloß des Sterbens Weile? Jugend – Tag der grauen Haare?/ Vaterland? Sind es bloß seine tragischen Jahre?“
Wir werden niemals erfahren, welcher literarischen Gattung dieses 1882 in einem Pariser Armenhaus verstorbene Genie die polnische Wirklichkeit nach 1989 zugeordnet hätte: immer noch der Tragödie, der Komödie oder vielleicht der Farce.
http://en.wikipedia.org/wiki/Zbigniew_Herbert |
Ein gegenwärtiger großer polnischer Dichter, Zbigniew Herbert, verfasste zu dieser Wirklichkeit 1995 das „Ratlosigkeit“ betitelte Gedicht. Den Anlass dazu lieferten ihm die Vorwürfe gegen den damaligen Premierminister der Republik Polen, Józef Oleksy, er hätte für das KGB und das FSB spioniert.
Herbert bekannte die Absicht, seinen postkommunistischen Premierminister „mit dem wohlwollenden Gesichts des Abts/ in einem kommerziellen Kloster“ zum Duell herauszufordern. Er verwarf diesen Gedanken jedoch. Denn
Józef Oleksy |
„hier nirgendwo/ gibt es gestampfte erde/ es ist schwer/ die pathetische geste/ Eugen Onegins nachzuahmen/ wenn man versinkt/ bis zu den Knien/ bis zum Hals/ im Sumpf“.
Ist Polen tatsächlich zum Sumpf verkommen? Oder stellt es in den letzten zwei Jahrzehnten – wie ausgerechnet in der Polen gegenüber oft so unfreundlichen deutschen Presse seit einigen Jahren immer wieder lautstark behauptet – das europäische Erfolgsland schlechthin dar?
Fortsetzung folgt