Wenn man in Sinne der eingangs gestellten Frage nun Bilanz ziehen
will, muss konstatiert werden, dass trotz aller Probleme der Innenpolitik das freie und deshalb wirtschaftlich erstarkte Polen wieder eine Brücke zwischen Ost und West geschlagen
hat. Vor dem Hintergrund dieses großartigen Erfolges scheint die Ratlosigkeit
Zbigniew Herberts über den Zustand seines Vaterlandes irrelevant. Es kommt
hinzu, dass im konkreten Fall Józef Oleksys die Staatsanwaltschaft die gegen den
ehemaligen Premierminister gerichteten Vorwürfe fallen ließ. Er hatte zwar elf
Jahre lang Kontakte zu einem KGB-Agenten gepflegt und von diesem auch Geschenke erhalten.
Verräter wäre er aber nicht gewesen.
In der westlichen Gesellschaft kann bekanntlich kein
stärkerer Beweis der Unschuld als der juristische geliefert werden, auch wenn ein solcher manchmal keiner ist. Ob jemand
satisfaktionsfähig ist, spielt hier, wo Anwälte wichtiger als Moralisten sind,
ohnehin kaum eine Rolle mehr. Deshalb konnte Oleksy nach der Jahrtausendwende
noch Innenminister und sogar stellvertretender Premierminister ausgerechnet in
der Regierung werden, unter der sich die Rywin-Affäre abspielte. Trotzdem wird
in Polen oft noch beklagt, dass seine politische Karriere durch unberechtigte
Vorwürfe „ruiniert“ worden ist.
Die Alternative – entweder moralischer Sumpf oder Erfolg – ist
offenbar falsch. Beides kann durchaus Hand in Hand gehen. Insofern scheint Polen
im Westen angekommen zu sein.