03.02.2013

Erolg oder Sumpf. Polen-Reihe 7: Materieller Erfolg im moralischen Sumpf



Wenn man in Sinne der eingangs gestellten Frage nun Bilanz ziehen will, muss konstatiert werden, dass trotz aller Probleme der Innenpolitik das freie und deshalb wirtschaftlich erstarkte Polen wieder eine Brücke zwischen Ost und West geschlagen hat. Vor dem Hintergrund dieses großartigen Erfolges scheint die Ratlosigkeit Zbigniew Herberts über den Zustand seines Vaterlandes irrelevant. Es kommt hinzu, dass im konkreten Fall Józef Oleksys die Staatsanwaltschaft die gegen den ehemaligen Premierminister gerichteten Vorwürfe fallen ließ. Er hatte zwar elf Jahre lang Kontakte zu einem KGB-Agenten gepflegt und von diesem auch Geschenke erhalten. Verräter wäre er aber nicht gewesen.

In der westlichen Gesellschaft kann bekanntlich kein stärkerer Beweis der Unschuld als der juristische geliefert werden, auch wenn ein solcher manchmal keiner ist. Ob jemand satisfaktionsfähig ist, spielt hier, wo Anwälte wichtiger als Moralisten sind, ohnehin kaum eine Rolle mehr. Deshalb konnte Oleksy nach der Jahrtausendwende noch Innenminister und sogar stellvertretender Premierminister ausgerechnet in der Regierung werden, unter der sich die Rywin-Affäre abspielte. Trotzdem wird in Polen oft noch beklagt, dass seine politische Karriere durch unberechtigte Vorwürfe „ruiniert“ worden ist.

Die Alternative – entweder moralischer Sumpf oder Erfolg – ist offenbar falsch. Beides kann durchaus Hand in Hand gehen. Insofern scheint Polen im Westen angekommen zu sein.