Man soll gegen den Strom schwimmen. Mit dem Strom schwimmt der Müll. (Zbigniew Herbert)
18.05.2011
Die Griechenlandkrise zeigt den Nationalismus der Europäer
Die Griechenlandkrise ruft nun auch Scharlatane auf. In den deutschen Medien werden zum Teil abenteuerliche Ideen propagiert, denen allesamt eine irrationale und für gewöhnlich ausschließlich engstirnig-nationale Ablehnung unserer gemeinsamen Währung zugrunde liegt: Es solle in der EU drei Währungssysteme geben, der Euro solle zu einem neuen Ecu werden, man solle zu den nationalen Währungen zurückkommen. Nur auf den ersten Blick handelt es sich bei diesen Vorschlägen um die Ablehnung der gemeinsamen europäischen Währung. In der Tat wird damit das europäische Integrationsprojekt verworfen. Denn die Griechenlandkrise hat lediglich aufs Neue gezeigt, was die Hauptschwäche dieses Projekts ist: Der einseitig ökonomische Charakter der Union. Die ökonomische Integration der EU ist dabei mittlerweile so weit gediehen, dass sie - neben den bekannten großen Vorteilen, an die sich alle (auch die entschiedenen Kritiker des Projekts) wie selbstverständlich gewöhnt haben - auch Probleme produziert, die nur gemeinschaftlich gelöst werden können. Dafür fehlen jedoch im institutionellen Wirrwarr der EU politische Instrumente. Deshalb gibt es die selbsternannten Führer der Union (speziell aus Frankreich und Deutschland), die es sich nicht genieren, in der Ära der Demokratie den Völkern Entscheidungen zu verkünden, die in verborgenen Krisensitzungen getroffen wurden. Die Völker wiederum, die auf diese Art manchmal zur Kasse gebeten werden, sind übrigens selber schuld. Oder genauer: ihre nationalen Eliten sind selber schuld. Nationalistisch bis ins Knochenmark, entbehren diese Eliten schlichtweg des Vermögens, sich einen föderalen europäischen Souverän vorzustellen. Und dies, obwohl solche Krisen wie die heutige für alle, die doch noch zum redlichen Denken imstande sind, nach einer politischen Großreform unserer Union geradezu schreit, die sowohl eine Demokratisierung als auch die Übertragung einiger wichtiger nationalstaatlicher Kompetenzen auf die EU bedeuten muss. Wer will aber auf diesem Kontinent der Selbstsüchtigen eine - diesmal echte - Diskussion über die - diesmal echte - europäische Verfassung?