25.01.2020

"Europäische" Gerichte

Wie in postsowjetischen Ländern können sich auch in Polen alle "Politologen" nennen. Das tun vor allem Historiker (und Journalisten, die sie über Politik interviewen) mit Vorliebe. Das ist symptomatisch für die vorzeitig beendete bzw. auf vielen Gebieten misslungene Systemtransformation in Mittel- und Osteuropa. Vieles sieht wie im Westen aus, aber ist immer noch postkommunistisch. Wie zum Beispiel Gerichte und Universitäten. Um es mit einem Beispiel zu verdeutlichen: Das EU-Parlament nennt sich selbst "Parlament", obwohl es bloß einen Rumpf des Parlaments darstellt, es hat sogar kein Recht auf Gesetzesinitiative (also ancien Regime). Dieses Parlament stellt gewissermaßen eine "postkommunistischen Institution" dar. Statt um den Status eines echten Parlaments zu kämpfen, beschäftigt es sich mit der "Verteidigung der europäischen Werte" ausgerechnet in den postkommunistischen Ländern, in denen es sowohl echte Parlamente als auch Versuche gibt, Gerichte zu reformieren. Parlamente, die keine parlamentarischen Rechte haben, sind übrigens ebensowenig europäisch wie die ihrem Wesen nach postkommunistischen Gerichte.